10 Gründe, warum ich über Literatur blogge.

 

  1. Lesen
    Wenn ich über ein Buch am Ende ein paar Sätze schreiben will, dann lese ich anders, lese genauer hin, lese bewusster, aufmerksamer, intensiver. Ich suche nach Aufhängern, horche in mich hinein. Was macht das Buch mit mir? Ich unterstreiche Passagen, ich notiere mir Assoziationen. So wird Lektüre zum Erlebnis. Und was ich beim Lesen erlebt habe, schreibe ich dann auf. Mehr Erlebnisbericht als Rezension.
  2. Schreiben
    Man kann lesen, ohne gut schreiben zu können. Aber niemals gut schreiben, ohne zu lesen. Auch wenn mir tausend Gegenbeispiele genannt werden, ich bleibe bei dieser Aussage. Ich habe für mich irgendwann festgestellt, dass ich noch viel mehr lesen muss, um wirklich gut zu schreiben. Und deswegen lese ich und schreibe über das Lesen. Wenn ich damit fertig bin, lese ich, was ich geschrieben habe. Oft stelle ich dann fest: ich muss noch sehr viel mehr lesen.
  3. Erinnern
    Aus meinem Bücherregal schauen mir viele Buchrücken entgegen. Ich blicke zurück, oftmals mit leerem Gesicht, ohne Erinnerung. Ich weiß bei einigen Büchern gerade noch, dass ich sie gelesen habe und manchmal auch noch wann und wo. Mehr Details sind nicht mehr gespeichert. Ich könnte es nochmal lesen, tue ich aber meistens nicht. Jetzt lese ich, was ich dazu geschrieben habe und blicke vielsagend zurück.
  4. Kritik
    Wer bin ich, um Menschen zu kritisieren, die es geschafft haben, sich hinzusetzen, Gedanken zu Papier zu bringen, ihnen eine Form zu geben und am Ende einen Verlag gefunden haben, der an sie glaubt und in diesen Glauben Geld investiert. Davor habe ich den höchsten Respekt. Doch wer wäre ich, wenn ich alles klaglos über mich ergehen ließe? Mir von Büchern, die mich nicht erreichen, nicht überzeugen und nicht begeistern, wertvolle Lebenszeit stehlen zu lassen. Zeit, die mir am Ende vielleicht fehlt, für das eine ultimative Buch.
  5. Freizeit
    Seit ich über Literatur blogge habe ich viel weniger freie Zeit. Eigentlich habe ich überhaupt keine Freizeit mehr. Denn man kann immer noch mehr lesen und immer noch mehr darüber schreiben. Ich trinke abends Kaffee, um länger wach zu bleiben. Das Buch schaffe ich heute noch. Und morgen schreibe ich was dazu. Und dann kommt das nächste. Und dann und dann – lesen, schreiben, lesen, schreiben. Es ist anstrengend, es ist kräftezehrend, es ist einfach nur wunderbar. Ich freue mich jetzt schon auf die Rente.
  6. Kontakt
    Wer viel liest, hat nicht viele Freunde. Denn Lesen ist nicht kommunikativ. Früher habe ich hin und wieder Leute in der Buchhandlung getroffen. Man kannte sich, nickte sich zu, hat aber nie ein Wort gewechselt. Während andere zusammen saßen, redeten, feierten und Spaß hatten, habe ich Zuhause gesessen und gelesen. Seit ich Literaturblogger bin, kenne ich auf einmal ganz viele Leute, die auch Literaturblogger sind. Mit einigen habe ich schon zusammengesessen, geredet, getrunken, Spaß gehabt. Anderen nicke ich freundlich zu, einigen gehe ich lieber aus dem Weg.
  7. Lernen
    Je älter man wird, desto eher verfällt man dem gefährlichen Trugschluss, dass man schon alles weiß, alles kann und einem niemand mehr etwas vormachen kann. Aber weit gefehlt – als Literaturblogger lerne ich täglich etwas dazu. Nicht nur über Bücher, Verlage, Genres, Themen, Autoren, Templates und Widgets. Ich lerne auch ganz viel über mich selbst, weiß jetzt besser, wovon ich absolut keine Ahnung habe, welche Skills mir noch fehlen und von welchen Reizthemen ich in Zukunft besser die Finger lassen sollte.
  8. Regeln
    Buchrevier hat keine Hausordnung, keinen Redaktionsplan und unterliegt keinen Zwängen, keinen Pflichten. Was kommt, das kommt. Entscheidungen werden nach dem Lust-Prinzip gefällt. Und entscheiden tue ich. Denn das hier ist mein Revier. Es gibt keine Teamsitzungen, keine Gesellschafterversammlungen und auch keine Besprechungsprotokolle. Extrem flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege lassen mir als Chef-Blogger viel Gestaltungsspielraum.
  9. Publikum
    Von Bloggerkollegen weiß ich, dass sich jeder hin und wieder die Frage stellt: Für wen mach ich das alles eigentlich? Es ist viel Arbeit, es ist super schlecht bezahlt und vom vielen Lesen tränen mir schon die Augen. Ich hab Follower und es gibt Personen, denen gefällt, was ich schreibe. Aber ich weiß auch: wenn ich ab morgen nichts mehr blogge, würde das kaum einer bemerken. In solch düster, selbstzweifelnden Momenten tut es gut, sich die Punkte 1-8 dieser Liste noch einmal durchzulesen und immer wieder mantraartig vor sich herzusagen: ich tue das alles nur für mich, nur für mich, nur für mich. Und schon tränen die Augen nicht mehr.
  10. Eitelkeit
    Ich kann jedem nur empfehlen, sich ab und zu mal hinzusetzen und zehn Gründe zu überlegen, warum man etwas überhaupt macht. Egal, was es ist: Bloggen, Skateboard-Fahren oder Marathonlaufen. Ein, zwei Argumente kann man schnell nennen, aber beim vierten Punkt fängt es langsam an, schwierig zu werden. Ab Punkt sieben geht es ans Eingemachte und spätestens beim zehnten Punkt lässt man dann die Hosen runter und gibt endlich zu, was wirklich dahinter steckt.

19 Kommentare

    1. Ja, genau. Aber Achtung, das hier ist eine Kettenliste. Wer diesen Beitrag kommentiert und offiziell unterschreibt, verpflichtet sich seelisch und moralisch zur Erstellung und Veröffentlichung einer eigenen 10 Gründe-Liste, die aber keinesfalls mit der bereits kommentierten vergleichbar sein darf. Und dies weder thematisch, stilistisch noch formal. Sorry, das hätte ich vielleicht vorher noch erwähnen sollen… 😉

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      1. Ne-heee, mein Plan war haargenau dieser: mich nahtlos Deinen Überlegungen anschließen und nicht die klitzekleinste Individualergänzung machen. Weil: passt so. Außerdem habe ich mit vierzehn einen heiligen Schwur geleistet, der mir (bei der unversehrten Vollzähligkeit meiner zehn Finger) verbietet, jemals einen Kettenbrief weiterzuverbreiten (selbst wenn dieser Kettenbrief eine Kettenliste ist). 😉

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  1. Eine schöne Liste, da unterschreibe ich doch glatt jeden Punkt einzeln! Mich reizt beim Bloggen besonders das bewusste Lesen – man erlaubt sich nicht mehr, Bücher einfach so nebenher zu lesen und bloß zu konsumieren, sondern hat den Ehrgeiz, sie in der Tiefe zu erfassen, vielleicht sogar etwas in/an ihnen zu entdecken, das andere (bislang oder in der Form) noch nicht wahrgenommen haben. Ich kenne ja auch die andere Seite: Oft stecken so viele kleine Details in Texten, die für deren Verständnis vielleicht nicht unbedingt wichtig sind, diese aber, wenn man sie mitkommt, umso reicher, mitunter auch wertvoller machen. Das ist eigentlich fast das Schönste an Literaturblogs: dass sie Leser dazu animieren können, bewusster und fokussierter zu lesen und sich mit anderen über Texte auszutauschen.

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    1. Ich glaube nicht, dass ich jetzt jedes Buch in der Tiefe erfasse. Bei mir geht es mehr darum, beim Lesen einen Aufhänger zu finden: irgendeine Idee, eine Assoziation, etwas worauf man aufbauen kann. Damit es keine Rezensionen wird, wo nur der Inhalt zusammengefasst wird und am Ende steht: hat mir gut gefallen.

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  2. Ob es mir jedes Mal gelingt, den Kern eines Buches zu erfassen, bezweifle ich auch: Allein, weil ich an diesem Anspruch zuweilen auch scheitere, bespreche ich weniger Bücher als ich lese – vor allem, wenn mir nichts Substanzielles zu ihnen einfällt. Ich glaube, als Blogger stehe ich mir da manchmal selbst im Weg und orientiere mich vielleicht noch zu sehr am Feuilleton. Dein Ansatz in Rezensionen gefällt mir jedenfalls sehr gut, weil Du – ohne plauderhaft zu wirken – auf eine angenehme Art subjektiv schreibst und aufzuzeigen versuchst, was die Lektüre mit dir gemacht hat.

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  3. Sehr anregende 10-Punkte-Liste, vieles sehe und erlebe ich ganz ähnlich. Könnte beizeiten selbst eine schreiben. Auch, um zu schauen, ob es wirklich nach Punkte vier so schwierig wird 😉
    lg, buchwolf

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  4. Du sprichst mir mit Deiner Aufzählung aus dem Herzen!

    Als Blog-Frischling habe ich mir hunderte Male die Frage gestellt, warum ich mit dem Bloggen anfangen solle. Es ist doch sowieso alles gesagt, alles geschrieben, kommentiert und abgelegt. Braucht die Welt da noch einen Literatur-Blog?!?

    Nun, die Welt vielleicht nicht, aber ich! Ich lese seitdem zwar bewusster aber noch viel mehr höre ich verstärkt in mich hinein um festzustellen, was das Buch mit mir anstellt oder eben auch nicht. Ich reflektiere vermehrt meine eigene Wahrnehmung, um darüber schreiben zu können und mir im Schreibprozess ein Buch anzueignen und es greifbar zu machen…

    Jetzt bin ich doch glatt ins Philosophieren geraten. Liegt wohl am Thema 😉

    Gruß
    Stefan

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  5. Die Idee mit der Liste finde ich wirklich prima! Darüber werde ich auch einmal nachdenken und ggf. aufschreiben.
    Auch habe ich das Gefühl, dass ich deutlich aufmerksamer lese, seit ich darüber auch schreibe.

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  6. Eine wunderbare Idee. Ich habe mich sofort daran gesetzt, 10 Gründe dafür, warum ich schreibe, aufzuschreiben. Und nach den ersten drei wusste ich erstmal nicht weiter 😉 aber schlussendlich habe ich doch 10 zusammen bekommen und habe jetzt etwas in petto, wenn ich mich das nächste Mal rechtfertigen muss, sei es vor der Familie oder dem Jobcenter. Und natürlich habe ich dabei auch einiges über mich gelernt. Was sind die vordergründigen Gründe, die mir sofort einfallen, was liegt tiefer, worum geht es eigentlich? Danke für diese Anregung.
    Nach Weihnachten werden diese Gründe dann irgendwann auf meinem Blog erscheinen …

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