Ich hatte den Kurzgeschichtenband Asche gelesen, war begeistert und wollte mehr. Doch da war nichts mehr, nur noch ein paar Geschichten auf seinem Blog und eine CD. Punchdrunk – ein Hörspiel, gelesen von Helmut Krauss. Kennst Du den, fragte er mich.
Helmut Krauss? Nee, muss man den kennen?
Kennst Du bestimmt! Ist Synchronsprecher von Marlon Brando und Samuel L. Jackson. Schauspieler ist er auch. Herr Paschulke, den kennste doch?
Etwa der von Löwenzahn? Der Nachbar von Peter Lustig?
Sag ich doch, dass Du den kennst. Der hat das eingesprochen.
Aha – interessant (nicht wirklich), kann ich ja bei Gelegenheit mal reinhören.
Ich muss dazu sagen, ich habe noch nie in ein Hörbuch reingehört. Genauso wenig, habe ich jemals ein E-Book gelesen. Ich bin hier noch sehr old school unterwegs. Ganz anders als zum Beispiel im Musikbereich. Da bin ich in Sachen Streaming und so ganz vorne mit dabei. Meine zwei CD-Player sind jedenfalls schon vor einigen Jahren im Keller verschwunden.
Aber im Auto kann ich noch CDs hören. Und da habe ich mir Punchdrunk von Sven Heuchert angehört. Einmal, zweimal, dreimal – zwei Wochen lang immer wieder. Immer wieder eineinhalb Stunden mit Herrn Paschulke. Und jedes mal hat es mich aufs Neue fertig gemacht. Ich musste schlucken, hatte einen Kloß im Hals. Das kenne ich gar nicht von mir. Ich bin doch kein Weichei! Aber was ich da auf die Ohren bekam, hat irgendetwas tief in mir zum Klingen gebracht, mich – ich weiß noch nicht wieso und warum, aber in jedem Fall – tief bewegt.
Worum geht es in Punchdrunk? Der Ich-Erzähler kommt nach einigen Jahren im Ausland in seine Heimatstadt zurück. Er war in Portugal gewesen, hat für einen gewissen Keith Eismaschinen ausgeliefert. Doch jetzt ist er wieder da. Und alle anderen sind auch immer noch da. Die alten Kumpels stehen im „Schmalen Handtuch“, der alten Stammkneipe und wollen wissen, ob er schon bei seinem Alten war. Nee, war er nicht, aber da will er noch hin. Der Alte ist im Knast, hat im Suff seine Freundin erschlagen. Der traurige Höhepunkt eines Säufer- und Schlägerlebens.
Auf dem CD-Cover steht es ganz treffend: „Eine Geschichte über Loyalität und Schicksal. Über das Weggehen und das Wiederkommen.“ Wir bekommen Einblicke in ein zerstörtes Leben. Boulevard of broken Dreams. Männlich durch und durch: Boxkämpfe, Sauftouren, Puff- und Knastbesuche. Alles in klaren, eindringlichen Sätzen auf den Punkt gebracht. Sensibel und gleichzeitig kraftvoll. Jeder Satz sitzt. Trägt Stimmung, transportiert Gefühle, aber ohne rührselig zu werden. Helmut Krauss’ Stimme passt perfekt, bringt die Stimmung wunderbar rüber. Gänsehaut pur.
Das muss man sich einfach mal anhören. Ich habe hier mal eine Hörprobe eingestellt. In dieser Szene besucht der Ich-Erzähler seinen alten Herrn nach drei Jahren zum ersten Mal im Knast. Ganz besonders bewegt hat mich die Passage, wo er über seine Mutter erzählt.
https://soundcloud.com/svenheuchert/punchdrunk3
Ich gebe zu, Heucherts Settings und Sprache sind nicht unbedingt jedermanns Sache. Manch einem ist sein Stil bestimmt zu direkt, zu derb, zu brutal, einfach zu viel Gosse. Aber genau das ist seine Stärke. Er bringt das alles so authentisch rüber, dass man das Gefühl hat, den Alkohol, die Zigaretten, den Schweiß der Akteure förmlich zu riechen. Das kann man kaum ertragen, es zerrt an den Nerven. Ich brauchte ab und zu mal eine Pause zwischen den Kapiteln, ein wenig frische Luft bevor ich wieder in diese kaputte Welt einsteigen konnte.
Ja, ich finde Sven Heuchert gut, sehr gut, und ich verstehe überhaupt nicht, dass er nicht schon längst in aller Munde ist. Selten war ich von einem Newcomer so begeistert, und ich wünsche ihm endlich den Erfolg, den er verdient. Sein Verlag soll sich bitte mal ins Zeug legen und ihn angemessen fördern, die Werbetrommel rühren und dafür sorgen, dass so viele wie möglich in den Genuss dieses außergewöhnlichen Literaturerlebnisses kommen.
Die Punchdrunk-Hörbuch CD kostet 12,50 € und kann bisher nur direkt beim Autor bestellt werden: www.sven-heuchert.de
Buchrevier-Leser haben die Möglichkeit, eine von drei Punchdrunk-CDs zu gewinnen. Dafür einfach diesen Beitrag liken, teilen oder kommentieren.
Guten Morgen,
noch nie davon gehört, „Punchdrunk“ klingt sehr interessant. Da führe ich doch einfach mal mein Glück in Versuchung. 🙂
LG Melli
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