André Herrmann – Platzwechsel

Ich könnte mir vorstellen, dass jedem halbwegs erfolgreichen Poetry Slammer früher oder später die Frage gestellt wird, warum er eigentlich nicht mal ein Buch schreibt. Er könne doch so gut schreiben und er sollte doch mal drüber nachdenken. Also ich würde es kaufen, heißt es abschließend, unterstützt von einem motivierenden Lächeln. Und was wie eine Floskel oder ein billiges Kompliment klingt, ist in den allermeisten Fällen sogar grundehrlich, anerkennend und wertschätzend gemeint. Wer das als Poetry Slammer noch nie gefragt wurde, kann eigentlich sofort mit dem Quatsch aufhören.

Im anderen Fall ist so ein Autor allerdings auch schlecht beraten, das alles für bare Münze zu nehmen. Denn tatsächlich ist es meistens doch nur eine Floskel und der Tatsache geschuldet, dass sich die Menschen nicht vorstellen können, dass einer, der sich ernsthaft mit Texten beschäftigt, damit zufrieden ist, diese einfach nur vorzulesen und dem geneigten Publikum lediglich ein paar Schmunzler und Lacher zu entlocken.

Es ist scheinbar für viele immer noch schier unmöglich, dass ein Mann oder eine Frau des Wortes nicht scharf darauf ist, den eigenen Namen auf einem Buchdeckel gedruckt zu sehen. Vielleicht ist es immer noch dieses Unsterblichkeitsding, die Aufnahme in die ISBN-Hall of Fame, die zweifelhafte Ehre, sich Schriftsteller nennen zu können, was einen guten Bühnenautor nicht davon abzuhalten scheint, einen durchschnittlichen oder sogar schlechten Roman zu schreiben. So wie es der Poetry Slammer André Herrmann mit „Platzwechsel“ leider getan hat.

Ich will jetzt nicht so hart urteilen, denn letztlich hätte ich ja wissen können, auf was ich mich da einlasse. Alles, was mich an diesem Roman gestört hat, stand eigentlich schon im Klappentext. Wie zum Beispiel die Outline der seichten Story, die einen weder fordert noch sonderlich fesselt, sondern gefällig plätschert und wunderbar beiläufig konsumierbar ist wie ein Mittwochabend-Fernsehfilm auf ZDF. Der Held dieses Romans heißt André, ist Anfang 20 und wohnt noch bei seinen Eltern in Sachsen Anhalt. Die weiteren Themen: Selbstfindung, Provinz, Abnabelung, Demenz, Verantwortung, Thermomix, Behinderung, Freundschaft, Liebe.

Das alles könnte durchaus Tiefgang haben, ist aber so nervig humorig verpackt, dass jegliches Nachsinnen über das Erzählte mit dem obligatorischen Wortwitz und den Mainstream-Kalauern der Bühnenautoren sofort im Keim erstickt wird. Wie viele Poetry- bzw. Comedy-Slammer hat scheinbar auch André Herrmann irgendwann zu Beginn seiner Karriere einen Clown gefrühstückt, und der taucht in diesem Roman auf jeder zweiten Seite auf und treibt seinen unseligen Schabernack. Nur lachen konnte ich darüber nicht, sondern fand es eher peinlich. Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich ein gestörtes Verhältnis zu gewollt humorigen Büchern habe und stehe da eher auf die subtileren Formen des Humors.

Ich habe diesen Roman tatsächlich bis zum Ende gelesen, denn er ist wirklich leicht und locker konsumierbar. Aber gefallen hat er mir nicht, und am Ende habe ich mich sogar geärgert. Denn es gibt so viele tolle Romane, bewegende Geschichten von Autoren, die was zu sagen haben, die sprachlich brillieren, mich zum Nachdenken bringen, zu Tränen rühren oder laut auflachen lassen. Und was mache ich? Ich verschwende meine Zeit mit diesem seichten Geschichtchen.

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Foto: Gabriele Luger

Verlag: Voland & Quist
304 Seiten, 20,00 €

 

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