Nichts für Feiglinge

Stewart O’Nan – Emily allein

Selten folge ich einer Buchempfehlung von Elke Heidenreich. Das gleiche gilt für Christine Westermann. Aber diesmal hat mich eine Rezension von ihr in der Welt richtig neugierig gemacht. Ohne diese Empfehlung hätte mich bereits der kitschige Autorenname abgeschreckt. Steward O`Nan das klingt wie Scarlett O`Hara oder Gwen Bristow. Nach leidenschaftlicher Frauenliteratur oder kompliziert konstruierten Politthrillern. Aber nichts da. Steward O`Nan ist Literaturgenuss vom Feinsten.

Die Geschichte – liebevoll aufgebaut und facettenreich gestaltet. Die Charaktere – glaubwürdig und detailfreudig beschrieben. Besonders hervorzuheben ist hier, dass der Autor – ein Mann – das Seelenleben einer Frau im Spätherbst Ihres Lebens in meinen Augen perfekt beschreibt. Da ist kein Bruch, das ist die perfekte Illusion. Da hat sich einer zu 100% in seine Protagonistin hineinversetzen können. (Vergleichbar gekonnt passiert das übrigens auch in Martin Walsers „‚Lebenslauf der Liebe“)‘. Dafür also schon mal ein großes Kompliment.

Das Buch hat keine echten Höhepunkte. So wie auch das Leben der Protagonistin. Man kann aber auch nicht sagen, dass nichts passiert. Es sterben jede Menge Leute, Hunde purzeln die Treppe runter, Straßen werden aufgerissen und neue Autos bekommen die ersten Beulen. So belanglos das klingt, liest es sich doch spannend und kurzweilig. Weil der Autor sein Handwerk versteht.

Und so bleibt man am Ball und macht irgendwie von Seite zu Seite seinen Frieden mit dem eigenen Älterwerden. Alt werden ist ja eigentlich nichts für Feiglinge. Wenn es denn aber so ist wie bei Emily, dann wäre das ja durchaus ok. Man könnte sich fast schon darauf freuen. Fragt sich nur, ob die Rente dann auch reicht.

Gelesen: Februar 2012

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