Stephanie Bart – Deutscher Meister
Mein erster Gedanke nach ein paar Seiten Lektüre: da hat aber jemand gut recherchiert! Fakten über Fakten aus einer fremden Welt, einer harten Zeit, einem zerstörten Leben. Auch wenn ich schon viele Geschichten aus der Zeit des dritten Reiches gelesen habe, vom Boxer Trollmann hatte ich noch nichts gehört. Das hat mein Interesse geweckt. Bei Youtube findet sich dazu auch ein Dokumentarfilm-Trailer mit dem befremdlichen Titel Gibsy (sic!). Pluspunkt für Stephanie Bart, dass Sie für ihr Debüt einen anderen Titel gewählt hat.
Trotzdem, das kurze Video hätte ich mir nicht anschauen sollen. Denn die Geschichte von Trollmann ist schnell erzählt. Das Ende wie das von so vielen Naziopfern. Der Weg dahin vergleichbar entwürdigend und aus heutiger Sicht vorhersehbar. Es tut mir leid, aber mein Interesse an dem Buch schwand noch bevor ich mit der Lektüre begann. Ich kenne diesen Effekt bei mir, schaue deswegen auch keine Filme wie zum Beispiel Titanic. Wenn ich weiß, was passieren wird, dann muss die Darreichungsform schon künstlerisch sehr bemerkenswert sein, damit ich mich darauf einlasse.
Leider hat Frau Bart nur einfach ihre Recherergebnisse narrativ zusammengefasst. Eine besondere sprachliche Brillanz, wie andere lobend erwähnen, konnte ich nicht entdecken. Sauber geschrieben, ja, aber zu detailliert, zu klein-klein, mit Fakten überladen, zu wenig Empathie, bestimmt historisch super korrekt, aber mehr leider nicht. Stellenweise habe ich ein wenig Fallada-Stil gespürt, bzw. gehofft ihn zu spüren. Gleiche Zeit, gleiche Kulisse, es hätte gepasst und durchs Buch geholfen.
Aber jetzt will ich mal nicht zu negativ sein. Deutscher Meister ist prinzipiell ein gutes Buch. Nur nicht für mich, denn ich mag den Boxsport überhaupt nicht. Stephanie Bart hat diese schweißige, brutale Welt so eindrucksvoll, plastisch auferstehen lassen, dass mir regelrecht übel wurde. Boxen und Nazis – das ist zweimal zu viel von allem, was ich so überhaupt nicht mag.
Titelfoto: vicolocannery.it
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Hier liest Stephanie Bart zehn Seiten aus Deutscher Meister.
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